Customer Journey – Eine gemeinsame Sprache

Es gibt keine klare, universelle Definition einer Customer Journey, allerdings verschiedene Ansätze die Customer Journey aus unterschiedlichen Blickwinkeln abzubilden. Eine grundlegend zutreffende Definition wurde vom Bundesverband der digitalen Wirtschaft angesetzt. Laut dem BVDW versteht man im Allgemeinen unter einer Customer Journey „alle messbaren Kontaktpunkte eines Nutzers auf dem Weg zu einer definierten Aktion dar. Hierbei werden alle Marketingkanäle berücksichtigt, mit denen ein Konsument im Rahmen dieser Aktion in Berührung kommt, wobei sowohl Sicht- als auch Klickkontakte einbezogen, werden“ (Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e. V., 2012).

Im Rahmen des Projektes LUZI hat Fraunhofer UMSICHT Workshops durchgeführt, bei denen mit unterschiedlichsten Menschen aus verschiedensten Disziplinen mit konträren Ansichten mögliche Kooperationen und Kollaborationen rund um das lokale Wirtschaften in Verbindung mit einer potenziellen Stadtteilfabrikvision diskutiert wurden. Dabei stellten wir zu Beginn fest, dass es an einer gemeinsamen Sprache und einem Grundverständnis für die Thematik mangelt. Um dieser Situation entgegenzuwirken, entwickelten wir unsere eigene Customer Journey und die dazugehörige Modeling Language.

Ziele einer Customer Journey

Die Customer Journey kann bei unternehmerischen Tätigkeiten, die die Einbindung des Kunden bzw. die Einnahme der Kundensicht betreffen als ein wertvolles Werkzeug dienen. Die Customer Journey und die Analyse dessen wird daher von Unternehmen verwendet, um diesen Kundenpfad in der physischen Welt bzw. dem Internet genau nachzuverfolgen, um herauszufinden, welches Werbemittel welchen Beitrag zum Kauf eines Produkts leistet, was dem Kunden beim Entscheidungs- und Kaufprozess bedeutsam sind und welche Touchpoints innerhalb der Journey genutzt bzw. benötigt werden. Diese Informationen können Unternehmen dabei unterstützen, effektiv und effizient ihre Marketingmaßnahmen gezielt auf die jeweiligen Kanäle auszurichten (Holland und Flocke, 2014).

Die Customer Journey bildet verschiedene Touchpoints mit dem Endkunden ab:

  • Touchpoints sind dabei mögliche Schnittstellen und Interaktionspunkte eines Endkunden mit dem jeweiligen Unternehmen
  • Es sind sowohl digitale Touchpoints (z.B. Social Media, Website) als auch klassische vorhanden (z.B. Print, Kataloge, Flyer)
  • Das Ziel bei der Entwicklung mit Customer Journeys ist das Zusammenspiel der Gesamtheit der Touchpoints (Zinkann und Mahadevan, 2018)

Elemente einer Customer Journey

Lemon et al. heben basierend auf Studien hervor, dass Touchpoints unterschiedlicher Natur sind und eine Aufteilung von Touchpoints bzw. Berührungspunkten mit dem Kunden vorliegt. Es werden dabei vier Kategorien von Touchpoints charakterisiert: markeneigene (brand-owned), partnereigene (partner-owned), kundeneigene (customer-owned) und sozial/extern. Der Kunde kann dabei in jeder Phase der Customer Journey bzw. Customer Experience mit diesen Touchpoints in Verbindung treten.

Die Customer Journey lässt sich dabei in bisherige, laufende und zukünftige Erfahrungsphasen aufteilen, wobei je Phase alle Phasen eines Kaufprozesses von der Entscheidungsfindung bis hin zur Post-Erwerbsphase beinhalten (Lemon und Verhoef, 2016). Laut Zinkann et al., gehen zunächst alle Definitionen davon aus, dass Customer Journeys die Interaktion eines Endkunden mit einem Unternehmen über verschiedene Phasen hinweg abbilden. Zu beachten gilt allerdings, dass es nicht nur bis zum “Point of Purchase” also bis zum Kauf selbst abbildet, sondern darüber hinaus Vor- und Nachverkaufsphasen essenziell betrachtet werden (Zinkann und Mahadevan, 2018).

Die vier Kategorien der Touchpoints lassen sich wie folgt beschreiben:

Markeneigene Touchpoints

Diese Touchpoints bestehen aus Interaktionen mit dem Kunden („Customer“) während des Kundenerlebnisses („Customer Experience“), die vom Unternehmen ausgehend direkt gestaltet und verwaltet werden. Ebenso obliegt die Kontrolle der Tätigkeiten zur Interaktion in dem Bereich des Unternehmens. Dazu gehören alle unternehmensinternen Kanäle und Medien (z. B. Werbung, Websites, Kundenbindungsprogramme) sowie sämtliche markenkontrollierenden Faktoren des Unternehmens darunter auch Produkteigenschaften, Verpackung etc. (Lemon und Verhoef, 2016).

Partnereigene Touchpoints

Diese Art von Touchpoints stellen Interaktionen mit dem Kunden dar, die gemeinsam vom Unternehmen und einem bzw. mehreren Partnern gemeinsam gestaltet, verwaltet werden. Hierbei werden diese Tätigkeiten allerdings durch den bzw. die Partner kontrolliert. Es können dabei Marketing-Agenturen, Multikanal-Vertriebspartner, Kundenbindungsprogramme und Partner für Kommunikationskanäle als Partner fungieren (Lemon und Verhoef, 2016).

Kundeneigene Touchpoints

Unter diesen Touchpoints fasst man kundenspezifische Aktionen, die Teil des gesamten Kundenerlebnisses sind, aber weder seitens des Unternehmens noch von dessen Partnern oder Dritten beeinflusst oder kontrolliert werden. Ein Beispiel wären Kunden, die vor der Kaufphase eine klare Vorstellung ihrer Bedürfnisse oder Wünsche haben. (Lemon und Verhoef, 2016).

Soziale/externe Touchpoints

Diese Touchpoints  erkennen die wichtige Rolle externer Bestandteile im Kundenerlebnis („Customer Experience“). Während des Erlebnisses sind die Kunden umgeben von externen Berührungspunkten wie von anderen Kunden und Einflüssen sowie diversen Umgebungsbedingungen, die den Kaufprozess beeinflussen können. Andere Kunden können durch Kommunikation, durch ihre Handlungen oder einfach durch ihre Nähe Einfluss auf die Kunden nehmen, besonders in der Phase des Kaufes oder bei Produkten/ Dienstleistungen, die nach Erwerb direkt konsumiert werden (z. B. auf diversen Veranstaltungen wie Theater, Konzerte, Restaurants, etc. oder auf sozialen Netzwerken) (Lemon und Verhoef, 2016).

Nutzen von Customer Journeys

Welcher Nutzen ergibt sich durch die Customer Journey? Abweichend von standardisierten und bisherigen Customer Journeys lassen sich Trends beobachten, die zukünftige Veränderungen innerhalb der Journeys verursachen werden. Dazu gehören u.a.:

  • Technologietrends nehmen dabei einen erhöhten Einfluss auf die Entwicklung der Customer Journeys ein.
  • Neue Technologien verändern bestehende, bekannte Touchpoints, schaffen aber auch gleichzeitig neue Touchpoints, da Abläufe in Prozessketten sich verändern, die Produktkomplexität steigt, Kundenanforderungen sich expandieren. In heutigen Journeys stehen die Produkte als solches im Fokus wohingegen zukünftige Customer Journeys über der reinen Produktvermarktung hinausgehen. Produkte bilden dabei ein Teil einer Lösungsangebotes inkl. Services und Erfahrungen, die der Kunde teilen kann beim Kauf.
  • Neue Technologien beeinflussen nicht nur das Customer Journey Management, sondern führen auch zu neuen Geschäftsmodellen, die neben der technischen Innovation weiteres Potenzial für das Unternehmen einräumen(Zinkann und Mahadevan, 2018)

Eigene Entwicklung einer Customer Journey

Auf Grund der COVID-19-Pandemie konnte Fraunhofer UMSICHT nur hybride bzw. kleine Workshops zur Enttwicklung der Arbeitsmaterialien durchführen. In kleinen Gruppen wurden unzählige Customer Journeys erprobt, das Arbeitsmaterial angepasst und die Modeling Language weiter optimiert. Unterschiedliche Akteure haben unterschiedliche Bedarfe und generierten unterschiedliches Feedback. Das Material ist Open Source bei github zu online zu finden. Es benötigt noch weiteres Feedback, weitere Icons und lädt dazu ein, ergänzt zu werden. An dieser Stelle ist jede Person eingeladen, seine Wünsche zu äußern, der eigenen Kreativität keine Grenzen beim Machen zu setzen und die entwickelten Arbeitsmaterialien zu optimieren.

Denn auch zukünftig werden Menschen davorstehen, komplexe Zusammenhänge unterschiedlichen Personengruppen zu vermitteln und anschließend zu diskutieren. Diese müssen vereinfacht dargestellt werden. Besonders in Hinblick auf Technologieakzeptanz und -nutzung, mit Personengruppen die Angst vor technologischen Veränderungen haben, ist eine Vermittlung von Zusammenarbeit notwendig. Hier sieht Fraunhofer UMSICHT einen Lösungsweg für zukünftig Dialoge und freut sich auf Erweiterungen und neue, ergänzende Themenfelder! 

 

Literatur

Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e. V. (2012): Customer Journey – Definitionen und Ausprägungen, https://www.bvdw.org/der-bvdw/news/detail/artikel/customer-journey-definitionen-und-auspraegungen-dmexco-seminarfolien , Zugriff: 09.03.2022

Lemon, Katherine N.; Verhoef, Peter C. (2016): Understanding Customer Experience Throughout the Customer Journey. In: Journal of Marketing 80 (6), S. 69–96. DOI: 10.1509/jm.15.0420.

Heinrich, Holland; Flocke, Louisa (2014): Customer-Journey-Analyse-Ein neuer Ansatz zur Optimierung des (Online-) Marketing-Mix. In: Heinrich Holland (Hg.): Digitales Dialog-marketing. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, S. 825–855.

Zinkann, Reinhard; Mahadevan, Jochen (2018): Zukünftige Customer Journeys und deren Implikationen für die Unternehmenspraxis. In: Manfred Bruhn und Manfred Kirchgeorg (Hg.): Marketing Weiterdenken. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, S. 157–169.